§ 45. Das transzendentale Ego und die eigenheitlich reduzierte Selbstapperzeption als psychophysischer Mensch
Die letzten wie diese gesamten Meditationen haben wir in der Einstellung der transzendentalen Reduktion vollzogen, also ich, der Meditierende, als transzendentales Ego. Es ist nun die Frage, wie ich, das auf das rein Eigenheitliche reduzierte Menschen-Ich im ebenso reduzierten Weltphänomen, und ich als das transzendentale Ego zueinander sich verhalten. Das letztere ist hervorgegangen aus der Einklammerung der gesamten objektiven Welt und aller sonstigen (auch idealen) Objektivitäten. Durch sie bin ich inne geworden meiner als des transzendentalen Ego, das alles mir je Objektive in seinem konstitutiven Leben konstituiert, das Ich aller Konstitutionen überhaupt, in dessen aktuellen und potentiellen Erlebnissen und Habitualitäten es ist, und in denen es, wie alles Objektive, so auch sich selbst als identisches Ego konstituiert. Wir können nun sagen: Indem ich als dieses Ego die für mich seiende Welt als Phänomen (als Korrelat) konstituiert habe und fortgehend weiter konstituiere, habe ich unter dem Titel Ich, im gewöhnlichen Sinne des menschlich-personalen Ich, innerhalb der gesamten konstituierten Welt eine verweltlichende Selbstapperzeption in entsprechenden konstitutiven Synthesen vollzogen und halte sie in beständiger Fortgeltung und Fortbildung. Alles transzendental mir als diesem letzten Ego Eigenheitliche tritt vermöge dieser Verweltlichung in meine Seele als Psychisches ein. Die verweltlichende Apperzeption finde ich vor und kann nun von der Seele als Phänomen und als Teil im Phänomen Mensch zurückgehen auf mich als das universale, absolute, das transzendentale Ego. Wenn ich also als dieses Ego mein Phänomen der objektiven Welt auf mein Eigenheitliches reduziere und nun dazunehme, was ich irgend sonst als mir eigen finde (das nach jener Reduktion Fremdes nicht mehr enthalten kann), so ist dieses gesamte Eigenheitliche meines Ego wiederzufinden in dem reduzierten Weltphänomen als das Eigenheitliche meiner Seele, nur daß es hier als Komponente meiner Weltapperzeption ein transzendental Sekundäres ist. Halten wir uns an das letzte transzendentale Ego und an das Universum des in ihm Konstituierten, so gehört ihm unmittelbar zu die Scheidung seines gesamten transzendentalen Erfahrungsfeldes in die Sphäre seiner Eigenheit — mit der zusammenhängenden Schicht seiner eigenheitlich reduzierten Welterfahrung (in der alles Fremde abgeblendet ist) — und in die Sphäre des Fremden. Dabei gehört aber doch jedes Bewußtsein von Fremdem, jede Erscheinungsweise von ihm mit in die erste Sphäre. Was irgend das transzendentale Ego in jener ersten Schicht als Nichtfremdes — als Eigenes — konstituiert, das gehört in der Tat zu ihm als Komponente seines konkret eigenen Wesens, wie noch zu zeigen sein wird; es ist von seinem konkreten Sein untrennbar. Innerhalb und mit den Mitteln dieses Eigenen konstituiert es aber die objektive Welt, als Universum eines ihm fremden Seins, und in erster Stufe das Fremde des Modus alter ego.
Aus. Husserl “Meditation. Enthüllung der transzendentalen Seinssphäre als monadologische Intersubjektivität “
Link: https://www.textlog.de/husserl-transzendentale-ego-reduzierte-selbstapperzeption-mensch.html
Das »Opfer des Intellekts« bringt rechtmäßigerweise nur der Jünger dem Propheten, der Gläubige der Kirche. Noch nie ist aber eine neue Prophetie dadurch entstanden (ich wiederhole dieses Bild, das manchen anstößig gewesen ist, hier absichtlich), dass manche moderne Intellektuelle das Bedürfnis haben, sich in ihrer Seele sozusagen mit garantiert echten, alten Sachen auszumöblieren, und sich dabei dann noch daran erinnern, dass dazu auch die Religion gehört hat, die sie nun einmal nicht haben, für die sie aber eine Art von spielerisch mit Heiligenbildchen aus aller Herren Länder möblierter Hauskapelle als Ersatz sich aufputzen oder ein Surrogat schaffen in allerhand Arten des Erlebens, denen sie die Würde mystischen Heiligkeitsbesitzes zuschreiben und mit dem sie – auf dem Büchermarkt hausieren gehen. Das ist einfach: Schwindel oder Selbstbetrug. Durchaus kein Schwindel, sondern etwas sehr Ernstes und Wahrhaftes, aber vielleicht zuweilen sich selbst in seinem Sinn Missdeutendes ist es dagegen, wenn manche jener Jugendgemeinschaften, die in der Stille in den letzten Jahren gewachsen sind, ihrer eigenen menschlichen Gemeinschaftsbeziehung die Deutung einer religiösen, kosmischen oder mystischen Beziehung geben. So wahr es ist, dass jeder Akt echter Brüderlichkeit sich mit dem Wissen darum zu verknüpfen vermag, dass dadurch einem überpersönlichen Reich etwas hinzugefügt wird, was unverlierbar bleibt, so zweifelhaft scheint mir, ob die Würde rein menschlicher Gemeinschaftsbeziehungen durch jene religiösen Deutungen gesteigert wird. – Indessen, das gehört nicht mehr hierher. –
Max Webef “ Wissenschaft als Beruf “ Link: https://www.textlog.de/2330.html

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