Jene Polypennatur der griechischen Staaten, wo jedes Individuum eines unabhängigen Lebens genoss und, wenn es Not tat, zum Ganzen werden konnte, machte jetzt einem kunstreichen Uhrwerk Platz, wo aus der Zusammenstückelung unendlich vieler, aber lebloser Teile ein mechanisches Leben im Ganzen sich bildet. Auseinander gerissen wurden jetzt der Staat und die Kirche, die Gesetze und die Sitten; der Genuss wurde von der Arbeit, das Mittel vom Zweck, die Anstrengung von der Belohnung geschieden. Ewig nur an ein einzelnes kleines Bruchstück des Ganzen gefesselt, bildet sich der Mensch selbst nur als Bruchstück aus; ewig nur das eintönige Geräusch des Rades, das er umtreibt, im Ohr, entwickelt er nie die Harmonie seines Wesens, und anstatt die Menschheit in seiner Natur auszuprägen, wird er bloß zu einem Abdruck seines Geschäfts, seiner Wissenschaft.
Schiller “ Über die ästhetische Erziehung des Menschen - 6. Brief “ http://www2.ibw.uni-heidelberg.de/~gerstner/Schiller_Aesthetische_Erziehung.pdf
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